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• Der EG-Vertrag als eigenständige Rechtsordnung
Der Binnenmarkt ist jüngst um eine Währungsunion erweitert worden. Hierfür wie für weitere Aufgaben der Gemeinschaft etwa auf dem Gebiet des Umweltschutzes hat das Europarecht die Basis gelegt. In Ansätzen hat das Europarecht mittlerweile sogar zu politischer Einheitsbildung den Weg bereitet. Heute werden bald zwei Drittel der wirtschaftsrechtlichen Gesetzgebung durch europarechtliche Vorgaben oder durch eigene Normen des Europarechts bestimmt. © 1999
Prof. Dr. Jürgen SCHWARZE - Prof. an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Univ. Freiburg (D)


Das Europarecht hat eine neue eigenständige Rechtsordnung geschaffen, die neben die bis dahin geltenden traditionellen Systeme des staatlichen und des Völkerrechts getreten ist. In einem engeren Verständnis seines Begriffs bezeichnet es das Recht, das für die in der Europäischen Gemeinschaft gegenwärtig verbundenen fünfzehn Mitgliedstaaten, die Institutionen der Gemeinschaft und die EG-Bürger gilt.

Zu den Kennzeichen der mit der Gründung der ersten Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, vor bald fünfzig Jahren geschaffenen europäischen Rechtsordnung gehört deren Eigenständigkeit, deren Vorrang vor dem mitgliedstaatlichen Recht und deren unmittelbare Wirksamkeit zugunsten und zu Lasten des einzelnen Gemeinschaftsbürgers. Die Gemeinschaftsentwicklung hat im Jahr 1958 zu zwei weiteren Gemeinschaften, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft geführt. Als supranationales Recht sollte das Europarecht dabei nach der Idee, die seiner Errichtung zugrunde lag, eine europäische Friedensordnung par excellence (Walter Hallstein) begründen. Auf diese Weise sollten die kriegerischen Auseinandersetzungen, die für diesen Kontinent unermessliches Leid hervorgerufen hatten, durch neue Formen der politischen und wirtschaftlichen Kooperation überwunden werden. Man wollte sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges nicht noch einmal auf einen der ganz grossen, aber niemals realisierten Pläne zur Einigung Europas verlassen, sondern zunächst eine allmähliche Verbundenheit der europäischen Völker auf konkreten Feldern schaffen. Hierfür war die Kooperation auf ökonomischem Gebiet auserwählt. Die Gründung eines gemeinsamen Marktes sollte den Weg zu einer politischen Einigung Europas ebnen. An die Stelle der traditionellen Formen völkerrechtlicher Zusammenarbeit trat die Kooperation in neu geschaffenen eigenen Institutionen der Gemeinschaft (insbesondere Parlament, Ministerrat, Kommission und Gerichtshof). Inzwischen ist ein dichtes Geflecht gemeinschaftsrechtlicher Regeln vor allem zur Ordnung des europäischen Binnenmarktes entstanden.

Der Binnenmarkt ist jüngst um eine Währungsunion erweitert worden. Hierfür wie für weitere Aufgaben der Gemeinschaft etwa auf dem Gebiet des Umweltschutzes hat das Europarecht die Basis gelegt. In Ansätzen hat das Europarecht mittlerweile sogar zu politischer Einheitsbildung den Weg bereitet. Sinnfälliger Ausdruck dafür ist die Begründung einer eigenen Unionsbürgerschaft für alle Gemeinschaftsangehörigen. Mit dieser Entwicklung einhergehend wurde die EWG in EG (Europäische Gemeinschaft) umbenannt und mit dem Maastrichter Vertrag als Dach aller Gemeinschaftsaktivitäten die Europäische Union geschaffen. Heute werden bald zwei Drittel der wirtschaftsrechtlichen Gesetzgebung durch europarechtliche Vorgaben oder durch eigene Normen des Europarechts bestimmt. Auch über das Wirtschaftsrecht hinaus hat das Gemeinschaftsrecht inzwischen einen Prozess der Europäisierung des nationalen Rechts in Gang gesetzt, der wie kaum ein anderes Element die künftige Rechtsentwicklung prägen wird. Für die Entscheidung von Streitigkeiten auf dem Gebiet des Europarechts besteht eine eigene 2-stufige Gerichtsbarkeit mit dem Europäischen Gerichtshof und dem Gericht 1. Instanz in Luxemburg. Die nationalen Gerichte sind mit dem EuGH insofern verbunden, als sie ihn - was vielfach geschieht - im Wege der Vorabentscheidung bei Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts anrufen können.


Veröffentlichungen

- Verfassungsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit im Zeichen Europas, (Hrsg.), Nomos-Verlag, Baden-Baden 1998.
- Le droit administratif sous l'influence de l'Europe - Une étude sur la convergence des ordres juridiques nationaux dans l'Union européenne (Hrsg.), Nomos-Verlag, Baden-Baden/Emile Bruylant, Brüssel 1996 (franz. Übersetzung).
- Das Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß - Zur Konvergenz der mitgliedstaatlichen Verwaltungsrechtsordnungen in der Europäischen Union, (Hrsg.), Nomos Verlag, Baden-Baden 1996.
- Administrative Law under European Influence - Ort the convergence of the administrative laws of the EU Member States (Hrsg.), Nomos-Verlag, Baden-Baden/Sweet & Maxwell, London 1996 (engl. Übersetzung).
- Droit administratif européen (franz. Übersetzung), Emile Bruylant, Bruxelle 1994.
- Die Jurisdiktionsabgrenzung im Völkerrecht - Neuere Entwicklungen im internationalen Wirtschaftsrecht, Nomos Verlag, Baden-Baden 1994.
- European Administrative Law (engl. Übersetzung), Sweet & Maxwell, London 1992.
- Zusammen mit Werner von Simson: Europäische Integration und Grundgesetz, Walter deGruyter, Berlin, New York 1992
- Europäisches Verwaltungsrecht, Nomos Verlag, Baden-Baden, Bd. 1 und Bd. 2, 1988.
- Die Befugnis zur Abstraktion im europäischen Gemeinschaftsrecht. Eine Untersuchung zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, Nomos Verlag, Baden-Baden 1976 (Habilitationsschrift).



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