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VOM EUROKORPS ZU EINER
"EUROPÄISCHEN ARMEE"


 

Zu Beginn der 80er Jahre kam es zu neuen Impulsen für die im Elysée-Vertrag vereinbarte deutsch-französische Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik. Die Schaffung eines Eurokorps 1991 war der letzte Schritt in diesem Prozess der dt.-frz. Kooperation; zuvor wurde 1988 der Deutsch-Französische Rat für Verteidigung und Sicherheit geschaffen, sowie im Anschluß die Deutsch-Französische Brigade 1989. Nach und nach traten Belgien (1993), Spanien (1994) und Luxemburg (1994) dem Eurokorps bei und somit wurde das bilateral entstandene Eurokorps zu einem Modell für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten der WEU und beschleunigte den europäischen Einigungsprozess. Seit 1993 stand das Eurokorps sowohl für Einsätze der WEU als auch der NATO aufgrund des SACEUR-Abkommens zur Verfügung. Im Rahmen einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird das Eurokorps zur Zeit in eine schnelle Eingreiftruppe umgewandelt.

Schon vor dem Maastrichter Vertrag formulierten Frankreich und Deutschland das Prinzip einer europäischen Verteidigungsidentität und vor allem Frankreich forderte eine Anbindung der WEU an die EU. Aufgrund der französischen Autonomiebestrebungen gegenüber der NATO sowie den transatlantischen Bindungen Deutschlands konnte die Zusammenarbeit aber nur symbolisch vorangetrieben werden. Gleichzeitig entstanden weitere multinationale europäische Verbände wie z.B. „Euromaforce".

Einen neuen Aufschwung gab es 1995, nachdem Frankreich die schrittweise Rückkehr in die NATO-Gremien ankündigte und zusammen mit Deutschland 1996 ein „Gemeinsames Konzept über Sicherheit" ausarbeitete, jedoch befand sich die Kooperation immer im Spannungsfeld zwischen dem französischen Streben nach europäischer Autonomie und den von Deutschland betonten transatlantischen Beziehungen.

Die entscheidende Wende brachte erst eine Umorientierung der britischen Politik bei dem

französisch-britischen Gipfeltreffen in St.Malo 1998, wo erstmals über den Aufbau von militärischen Kapazitäten und Entscheidungsstrukturen verhandelt wurde, um eine Krisenbewältigung im Rahmen der Petersberger Aufgaben zu ermöglichen. Während Frankreich sogar —ähnlich der WWU- „Konvergenzkriterien" forderte, fungierte die deutsche Ratspräsidentschaft gleichsam als Katalysator für die angestoßene Entwicklung.

Nachdem 1999 die Kosovokrise erneut militärische Mängel der europäischen NATO-Staaten sichtbar machte, wurde daraufhin bei den deutsch-französischen Konsultationen in Toulouse im Mai erstmals der Umbau des Eurokorps in eine Krisenreaktionstruppe beschlossen, um die EU für Krisenfälle handlungsfähiger zu machen. Im November erfolgte ein erstes gemeinsames Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU als „Rat für Allgemeine Angelegenheiten" und es wurde beschlossen, daß die künftige Krisenreaktionstruppe, deren Aufgabe die Wahrnehmung der „Petersberger Missionen" sein werde,im Unterschied zum Eurokorps keine stehende Truppe bilden sollte, sondern von Fall zu Fall zusammengesetzt werden sollte. Vereinbart wurde eine Armeekorpsstärke von 50.000 Mann, 300-500 Kampfschiffen sowie die Schaffung eines Transportkommandos für die notwendige Logistik.

Ein weiterer bedeutender Schritt war das EU-Gipfeltreffen in Helsinki im Dezember 1999. Hier wurde konkret der Aufbau von militärischen Kapazitäten und gemeinsamen Strukturen (Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee, Militärkomitee sowie Militärstab) beschlossen, die ab März 2000 ihre Arbeit aufnahmen. Beim Gipfel von Nizza 2000 wurde die Einrichtung dieser Institutionen vertraglich verankert.

Noch ungeklärt sind jedoch die genauen Beziehungen zwischen NATO und EU sowie die künftige Rolle der mit der WEU assoziierten Mitglieder sowie der NATO-Partner, die nicht der EU angehören (z.B.Türkei). Die Grundsteine für eine Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind weitgehend gelegt, von einer „europäischen Armee" ist die schnelle Eingreiftruppe jedoch noch weit entfernt..


Sonja SCHWARZ
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