Weimar, 19. September
1997
Die Regierung der Bundesrepublik
Deutschland
und
die Regierung der Französischen Republik -
sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
(1) Es wird eine Deutsch-Französische Hochschule als Verbund deutscher
und französischer Hochschulen gegründet. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit.
(2) Hierzu finden in der Bundesrepublik Deutschland und in der Französischen
Republik alle in den §§ 3, 4, 7, 9 und 31 Buchstabe a des am 21. November
1947 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Abkommens
über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen niedergelegten
Bestimmungen Anwendung.
Artikel 2
Der Ort des Verwaltungssitzes der Deutsch-Französischen Hochschule wird
innerhalb von vier Monaten nach Unterzeichnung dieses Abkommens gesondert
vereinbart.
Artikel 3
(1) Aufgabe der Deutsch-Französischen Hochschule ist die Stärkung der
Zusammenarbeit zwischen den beiden Vertragsparteien im Hochschul- und
Forschungsbereich. Zu diesem Zweck wird sie bestrebt sein,
1. die Beziehungen und den Austausch zwischen deutschen und französischen
Hochschulen zu fördern,
2. Aktivitäten und Projekte von gemeinsamem Interesse in Lehre, Erstausbildung
und Weiterbildung, Forschung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses
durchzuführen.
(2) In diesem Rahmen wird sie insbesondere tätig durch
1. Initiierung, Förderung und Durchführung von deutsch-französischen Studienprogrammen
in den verschiedenen Fächern und Studienstufen einschließlich berufspraktischer
Studienphasen;
2. Förderung von langfristigen Studienaufenthalten an den jeweiligen Partnerhochschulen,
sofern das an der Partnerhochschule absolvierte Studium und die dort abgelegten
Prüfungen anerkannt werden;
3. Ausbau der Möglichkeit, als Abschluß gemeinsamer Studienprogramme zwei
vergleichbare nationale Abschlüsse oder binationale Abschlüsse der Partnerhochschulen
zu erwerben. Darüber hinaus kann die Deutsch-Französische Hochschule unter
Mitwirkung der Hochschulen eigene Abschlüsse verleihen, sofern letztere
auf nationaler Ebene gleichwertige Abschlüsse verleihen dürfen, die Verleihung
eines einheitlichen Abschlusses durch die Integration der Studiengänge
gerechtfertigt ist und dieser Abschluß in beiden Ländern ohne weiteres
anerkannt werden kann;
4. Förderung von Kooperationsvorhaben im Bereich der Graduiertenausbildung
in beiden Ländern;
Beteiligung an der Vorbereitung gemeinsamer Vorhaben in Forschung und
Entwicklung;
Förderung gemeinsamer Weiterbildungsmaßnahmen;
7. Unterstützung der telekommunikativen Vernetzung der Mitgliedshochschulen,
insbesondere zur Förderung des Informationsaustausches und des Fernunterrichts;
8. Förderung von Begegnungen im Hochschul- und Forschungsbereich und von
Kooperationsvorhaben mit anderen deutschen und französischen Einrichtungen
und Behörden unter Einbeziehung der hochschulexternen Berufsausbildung.
Die Deutsch-Französische Hochschule ist offen für die Zusammenarbeit mit
Hochschulen anderer, insbesondere europäischer Länder.
(3) Mitglieder der Deutsch-Französischen Hochschule können unter den in
Artikel 6 Absatz 2 Nummer 2 genannten Bedingungen deutsche und französische
Hochschulen werden, die ein Kooperationsprogramm in den Bereichen Lehre,
Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und Forschung durchführen.
Zur Verwirklichung ihrer Ziele unterstützt die Deutsch-Französische Hochschule
in curricularer, administrativer und finanzieller Hinsicht die Mitgliedshochschulen
und solche Hochschulen, die aufgrund gemeinsamer, den Kriterien der Deutsch-Französischen
Hochschule entsprechender Programme Mitglied werden können.
Artikel 4
Die Organe der Deutsch-Französischen Hochschule sind
- der Präsident und der Vizepräsident,
- der Hochschulrat,
- die Versammlung der Mitgliedshochschulen.
Artikel 5
(1) Der Präsident und der Vizepräsident, von denen der eine Deutscher,
der andere Franzose ist, werden von der Versammlung der Mitgliedshochschulen
auf Vorschlag des Hochschulrats gewählt; das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung.
Ihre Amtszeit beträgt vier Jahre, einmalige Wiederwahl ist möglich. Sie
tauschen ihr Amt in der Mitte der Amtszeit.
(2) Der Präsident ist für die Umsetzung der Politik der Deutsch-Französischen
Hochschule im Rahmen der Beschlüsse des Hochschulrats verantwortlich;
er wird vom Vizepräsidenten unterstützt. Der Präsident vertritt die Deutsch-Französische
Hochschule nach außen.
(3) Der Präsident verfügt über ein Sekretariat, das von einem Generalsekretär
geleitet wird; diesem steht ein Stellvertreter zur Seite. Der Generalsekretär
und sein Stellvertreter werden vom Präsidenten nach Stellungnahme des
Hochschulrats ernannt. Der Vizepräsident kann bei der Wahrnehmung seiner
Aufgaben die Dienste dieses Sekretariats in Anspruch nehmen.
Artikel 6
(1) Der Hochschulrat besteht aus zweiundzwanzig Mitgliedern; er setzt
sich paritätisch zusammen aus
1. dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten,
2. vier Vertretern der staatlichen Behörden: auf deutscher Seite je einem
Vertreter der Bundesregierung und der Länder, auf französischer Seite
je einem Vertreter des Außenministers und des für das Hochschulwesen zuständigen
Ministers,
3. acht als Lehrkräfte sowie als Lehrkräfte und Forscher tätigen Wissenschaftlern,
von denen vier von der Versammlung der Mitgliedshochschulen, zwei von
der deutschen Hochschulrektorenkonferenz, einer von der Conférence des
présidents d'université und einer von der Conférence des directeurs d'écoles
et de formation d'ingénieurs ernannt werden,
4. vier Mitgliedern, die aufgrund ihrer Sachkompetenz ernannt werden,
auf deutscher Seite vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft und auf französischer Seite vom Außenminister
und von dem für das Hochschulwesen zuständigen Minister,
5. vier Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, die vom Hochschulrat kooptiert
werden.
Die Amtszeit der Ratsmitglieder mit Ausnahme der Vertreter der staatlichen
Behörden beträgt vier Jahre; sie kann einmal um weitere vier Jahre verlängert
werden.
(2) Der Hochschulrat legt die Leitlinien für die Deutsch-Französische
Hochschule fest. Darüber hinaus
1. beschließt und bewertet er die Kooperationsprogramme,
2. entscheidet er über die Bedingungen für die Aufnahme von Hochschulen
und genehmigt die entsprechenden Übereinkünfte und Mittelzuweisungen,
3. verabschiedet er den Haushalt und genehmigt den Jahresabschluß; erläßt
er Richtlinien für eine sorgsame Verwaltung der Haushaltsmittel; bestellt
er im Einvernehmen mit den beiden Regierungen je einen deutschen und einen
französischen Rechnungsprüfer, die gemeinsam im Rahmen der Vorschriften
der Hochschule jährlich die Verwendung ihrer Mittel prüfen und dem Hochschulrat
Bericht erstatten; erteilt er nach Prüfung des Berichts der Rechnungsprüfer
und einer etwaigen Stellungnahme des Präsidenten diesem Entlastung hinsichtlich
der Ausführung des Haushaltsplans;
4. genehmigt er den jährlichen Tätigkeitsbericht des Präsidenten.
Der Hochschulrat gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Beschlüsse nach
Absatz 2 Nummer 3 können nur mit Zustimmung der Vertreter der staatlichen
Behörden gefaßt werden. Fragen der Lehre und Forschung unterliegen der
alleinigen Zuständigkeit der als Lehrkraft und Forscher tätigen Mitglieder
des Hochschulrats.
(3) Der Hochschulrat setzt einen wissenschaftlichen Beirat ein, dessen
Zusammensetzung von den in Absatz 1 Nummern 1 und 3 genannten Mitgliedern
des Hochschulrats bestimmt wird. Die Einzelheiten seiner Einsetzung werden
in der Geschäftsordnung geregelt. Der wissenschaftliche Beirat wird insbesondere
zu Fragen der Studien- und Forschungsprogramme sowie zur Verleihung von
Abschlüssen durch die Deutsch-Französische Hochschule gehört.
Artikel 7
(1) Die Versammlung der Mitgliedshochschulen setzt sich aus je einem Vertreter
der Mitgliedshochschulen zusammen. Sie tritt einmal jährlich unter dem
Vorsitz des Präsidenten der Deutsch-Französischen Hochschule zusammen.
Der Präsident hat kein Stimmrecht.
(2) Die Versammlung der Mitgliedshochschulen ernennt ihre Vertreter im
Hochschulrat und wählt auf Vorschlag des Hochschulrats den Präsidenten
und den Vizepräsidenten. Sie nimmt den jährlichen Tätigkeitsbericht des
Präsidenten entgegen.
(3) Die Versammlung der Mitgliedshochschulen kann dem Hochschulrat Vorschläge
zu Hochschul- und Forschungsangelegenheiten im Rahmen der Deutsch-Französischen
Hochschule unterbreiten.
Artikel 8
(1) Die Deutsch-Französische Hochschule verfügt über einen eigenen Haushalt.
(2) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der
Französischen Republik stellen der Deutsch-Französischen Hochschule Mittel
in vergleichbarer Höhe zur Verfügung. Eine zusätzliche Finanzierung kann
aus Mitteln Dritter erfolgen.
(3) Der Präsident hat im Rahmen der Beschlüsse des Hochschulrats die Anordnungsbefugnis
für die Einnahmen und Ausgaben.
Artikel 9
(1) Der Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle
Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die deutsch-französische
Zusammenarbeit und der für das Hochschulwesen zuständige französische
Minister ernennen einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten, die mit
der Errichtung der Deutsch-Französischen Hochschule beauftragt werden.
Ihre Amtszeit endet, sobald die Deutsch-Französische Hochschule über funktionsfähige
Organe verfügt.
(2) Die Deutsch-Französische Hochschule übernimmt die Aufgaben des Deutsch-französischen
Hochschulkollegs, das durch eine Vereinbarung durch Notenwechsel vom 12.
November 1987 zwischen den beiden Regierungen gegründet wurde. Die Unterzeichnerparteien
treffen die für diese Überleitung erforderlichen Regelungen nach Anhörung
des Präsidenten der Deutsch-Französischen Hochschule und des Präsidenten
des Deutsch -französischen Hochschulkollegs.
Artikel 10
Dieses Abkommen wird für eine Dauer von vier Jahren geschlossen. Es verlängert
sich danach stillschweigend um Zeitabschnitte derselben Dauer, sofern
es nicht unter Einhaltung einer Frist von mindestens zwei Jahren vor Ablauf
des jeweiligen Zeitabschnitts auf diplomatischem Weg schriftlich gekündigt
wird. Das Abkommen kann durch Zusatzabkommen geändert oder ergänzt werden.
Artikel 11
Dieses Abkommen tritt einen Monat nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien
einander mitgeteilt haben, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen für
das Inkrafttreten erfüllt sind. Maßgebend ist der Tag des Eingangs der
letzten Mitteilung.
Geschehen zu Weimar am 19. September 1997 in zwei Urschriften, jede in
deutscher und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen
verbindlich ist.
Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
gez. Klaus Kinkel Außenminister
Für die Regierung der Französischen Republik
gez. Hubert Védrine Außenminister
Verträge, Abkommen, Verfassungen...
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