Verträge, Abkommen... |
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Leitantrag: Verantwortung für Europa - 30/04/2001 - . |
SPD-Bundesparteitag
Nürnberg, 19. - 23. November 2001 Europa
steht zu Beginn dieses Jahrhunderts vor historischen Weichenstellungen.
Das Gelingen der Erweiterung der Europäischen Union, die Stärkung
der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und die
Weiterentwicklung der europäischen Integration sind die großen
Herausforderungen unserer Zeit. Die
europäische Integration ist das wichtigste und erfolgreichste
politische Projekt in der europäischen Geschichte. Sie begründet
Frieden, Sicherheit und Stabilität zwischen ihren Teilnehmern
und bringt Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung für Deutschland
und die Europäische Union. Deshalb wird die Sozialdemokratische
Partei Deutschlands alles tun, um diesen Prozess auch im 21. Jahrhundert
voranzubringen und weiterzuentwickeln. Zur
weiteren Integration und Europäisierung gibt es keine Alternative.
Die Zukunftsfähigkeit der Politik für Deutschland wird
auch an dieser Frage entschieden. Deshalb
unterstützt die SPD die erfolgreiche Europapolitik von Bundeskanzler
Gerhard Schröder und der von ihm geführten Bundesregierung
zur Wahrung der Interessen unseres Landes. Das Wohl unseres Landes
lässt sich am wirksamsten in einem vereinten Europa dauerhaft
sichern. Europa
ist für uns ein Gesellschaftsmodell basierend auf den Idealen
der Aufklärung und des Humanismus. Das europäische Modell
der sozialen Demokratie beinhaltet für uns die Verbindung von
Freiheit und Solidarität, von Individuum und Gesellschaft,
von Leistung und Verantwortung. Die
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen:
Damit
werden wir unseren Beitrag leisten, um im Zeitalter der Globalisierung
Kräfte zu bündeln und Aufgaben besser zu verteilen. Damit
werden wir unseren Beitrag leisten, um die Erfolge der Europäischen
Union zu sichern und weiterzuentwickeln. Damit
werden wir unseren Beitrag leisten, um die Europäische Union
zu reformieren und zu erweitern. Damit
werden wir unseren Beitrag leisten, um in Deutschland dauerhaft
Köpfe und Herzen für Europa zu gewinnen.
1. Wohlstand
sichern und Beschäftigung erhöhen
Die
Volkswirtschaften in der Europäischen Union sind wieder auf
Wachstumskurs. Die Arbeitslosigkeit geht kontinuierlich zurück.
Dies ist das Ergebnis einer Politikwende auch auf europäischer
Ebene, die die sozialdemokratisch geführten Regierungen in
der Europäischen Union eingeleitet haben. Gemeinsam mit unseren
Partnern haben wir für eine ausgewogene gesamtwirtschaftliche
Politik gesorgt, mit der auch die Beschäftigungspolitik den
richtigen Stellenwert auf europäischer Ebene erhalten hat.
Mit der besseren Koordinierung auf europäischer Ebene haben
wir einen Gleichklang in der Wirtschafts-, Finanz- und Beschäftigungspolitik
geschafft, der nun Früchte trägt. Damit haben wir auch
die wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen entscheidend
verbessert, die die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
für ihren Erfolg braucht, um Europa zum dynamischsten und
wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum zu entwickeln. Den
Euro erfolgreich einführen Heute
steht die europäische Währungsunion vor ihrer Vollendung:
Ab dem 1. Januar 2002 werden die Bürgerinnen und Bürger
den Euro als tägliches Zahlungsmittel in den Händen
halten. Wir wissen, dass viele Bürgerinnen und Bürger
der Währungsumstellung noch mit Unbehagen entgegensehen.
Wir sind aber überzeugt, dass dieses Unbehagen sich in breite
Zustimmung wandeln wird, wenn die Bürgerinnen und Bürger
erst ihre positiven Erfahrungen mit dem Euro im Alltag gesammelt
haben. Ein erfolgreicher Euro
wird zum Symbol für europäische Zusammengehörigkeit
werden und der weiteren Integration neuen Schub verleihen. Der
Euro hat seine ersten Bewährungsproben auf den internationalen
Finanzmärkten bestanden. Auf die Stabilität des Euros
können die Bürgerinnen und Bürger auch künftig
fest vertrauen. Garant
für einen stabilen Euro ist nicht nur die Europäische
Zentralbank, sondern auch die Verpflichtung aller Euro-Länder
auf eine stabilitätsorientierte Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Wir leisten mit der unabdingbaren Konsolidierung des Bundeshaushalts
unseren Beitrag zur Stabilität des Euro, mit sozialer Vernunft
und klaren Prioritäten bei den öffentlichen Investitionen.
Der Euro ist ein Wettbewerbsmotor in der Europäischen Union.
Auch deshalb werden wir an unserem Konzept der strukturellen Reformen
festhalten und Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland weiter
modernisieren. Dies sind unverzichtbare Voraussetzungen für
Wachstum und Beschäftigung in der Währungsunion. Binnenmarkt
und Währungsunion für Wachstum und Beschäftigung
nutzen In
der globalisierten Wirtschaft wird Europa mit dem Euro als Investitionsstandort
attraktiver. Er stärkt Europa im weltweiten Wettbewerb und
trägt zu mehr Stabilität im Weltfinanzsystem bei, von
der alle Volkswirtschaften profitieren. Europa will alle Vorteile
der gemeinsamen Währung für Wachstum und Beschäftigung
nutzen. Dazu brauchen wir einen voll funktionsfähigen Binnenmarkt,
wie auch der Binnenmarkt zu seinem Erfolg einen stabilen Euro
braucht. Wir müssen den europäischen Binnenmarkt weiter
systematisch ausbauen. Dazu gehört auch, dass alle Mitgliedsstaaten
ihren Verpflichtungen zur Öffnung ihrer Märkte bei Strom,
Gas oder Post fristgerecht nachkommen, um Wettbewerbsverzerrungen
zu verhindern. Wir werden weiterhin darauf achten, dass die notwendigen
Anpassungen sozialverträglich erfolgen. Binnenmarkt und gemeinsame
Währung verlangen aber auch eine stärkere Harmonisierung
in der Steuerpolitik, insbesondere bei den Unternehmenssteuern,
der Besteuerung von Kapitalerträgen, der Besteuerung des
Energieeinsatzes und der Ausgestaltung der Mehrwert- und Umsatzsteuer
sowie einen einheitlichen Kapitalmarkt.
Wir
unterstützen die Lissabon-Beschlüsse der europäischen
Staats- und Regierungschefs, die die Schaffung der Voraussetzungen
für Vollbeschäftigung in der Europäischen Union
zum Ziel haben. Die Umsetzung dieser Beschlüsse verlangt
mutige Reformen auf nationaler Ebene und die Bereitschaft zur
Zusammenarbeit. Das schließt auch die Lohnpolitik ein, die
im Binnenmarkt und im gemeinsamen Währungsraum nicht mehr
nur an nationalen wirtschaftlichen Größen orientiert
werden kann. Deshalb müssen die Tarifvertragsparteien
im Euroraum ihren lohnpolitischen Dialog verstärken. Wir
wollen unsere Politik für mehr Wachstum in Europa durch eine
noch engere Zusammenarbeit mit unseren Partnern in allen wirtschaftlich
relevanten Bereichen weiterentwickeln. Dies gilt von der Forschungs-
und Technologiepolitik bis hin zur Bildungs- und Sozialpolitik.
2. Innovation
und Bildung fördern - Das europäische Sozialmodell modernisieren
Die
Globalisierung und der Wandel von der Industrie- zur Wissens-
und Informationsgesellschaft stellen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
vor große Herausforderungen. Die europäische Antwort
darauf ist ein umfassendes Reformprogramm, mit dem sich Europa
in den nächsten zehn Jahren zum dynamischsten Wirtschaftsraum
der Welt entwickeln will, zu einem Wirtschaftsraum mit zukunftssicheren
Arbeitsplätzen und sozialem Zusammenhalt. Wir treten dafür
ein, das europäische Wirtschafts- und Sozialmodell zu modernisieren.
Dazu gehört vor allem, die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfähig
zu machen.
Seit Lissabon ist das Ziel, die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung
zu schaffen, wieder auf der europäischen Tagesordnung. Wir
wissen, dies ist nicht leicht zu erreichen, aber wir haben auf
europäischer und nationaler Ebene unsere Politik konsequent
auf dieses Ziel ausrichtet. Erste Erfolge stellen sich ein. So
sind wir dem mit den Partnern vereinbarten Ziel, die Erwerbstätigenquote bis 2010 auf
70 % zu steigern, bereits ein Stück näher gekommen. Europa
soll in zehn Jahren bei Forschung und Entwicklung weltweit an
der Spitze stehen. Deshalb muss das Ausgabeverhalten der EU stärker
an den Erfordernissen von Innovation und Modernisierung ausgerichtet
werden. Wir müssen den europäischen Forschungsraum
konsequent weiterentwickeln und Spitzenforschern sowie Unternehmen
höhere Anreize bieten, in Europa zu arbeiten bzw.
mit europäischen Forschungseinrichtungen zusammenzuarbeiten.
Die Berufs- und Karrierechancen der Nachwuchswissenschaftler sind
zu verbessern. Wir müssen zudem die rechtlichen Rahmenbedingungen
im europäischen Forschungsraum weiter harmonisieren und die
Mobilität der Forscher erleichtern. Um
diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen, brauchen wir in Europa
erhebliche Investitionen in Bildung und Ausbildung. Wir brauchen
mehr Mobilität und Öffnung auf allen Ebenen der staatlichen
und beruflichen Bildung und bessere Rahmenbedingungen für
Mobilität während der Ausbildung. Die gegenseitige Anerkennung
von Qualifikationen im Hochschul- und Berufsbildungsbereich ist
immer noch viel zu bürokratisch. Darüber hinaus brauchen
wir eine breite Entwicklung von europäischen Hochschulnetzwerken,
damit Europa im zunehmenden internationalen Bildungswettbewerb
Profil gewinnen kann. In unserem Bündnis für Arbeit
haben wir eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Förderung
von Aus- und Weiterbildung beschlossen. Die Mittel für
Wissenschaft und Forschung haben wir erheblich verstärkt,
um Innovationen zu fördern. Unsere Bafög-Reform ist
ein Beitrag, um wieder mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem
zu schaffen. Sie erleichtert zugleich den Studierenden aus Deutschland
die Mobilität innerhalb der EU. Der Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft verlangt
von den Bürgerinnen und Bürgern ein hohes Maß
an Flexibilität. Ökonomische Effizienz und soziale Integration
müssen in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden.
Die sozialen Gegensätze dürfen sich auf dem Weg in die
Wissensgesellschaft nicht verstärken. Der Zugang zur Wissensgesellschaft
muss für alle Bürgerinnen und Bürger offen bleiben. Große
Bedeutung kommt dabei den mit Bildung und Qualifizierung befassten
öffentlichen Einrichtungen sowie den Einrichtungen der betrieblichen
Aus- und Weiterbildung zu. Sie müssen die neuen Konzepte
des lebenslangen Lernens aufgreifen und gezielt bei ihrer Arbeit
berücksichtigen.
3. Umwelt-
und Verbraucherschutz voranbringen
Nachhaltige
Landwirtschaft und effektiver Verbraucherschutz Wir
treten für eine neue Agrarpolitik in der Europäischen
Union ein, die dem Verbraucherschutz und der Qualität unserer
Nahrungsmittel oberste Priorität einräumt und sich am
Leitbild der Nachhaltigkeit orientiert. Die
BSE-Krise ist auch eine Krise der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
der Europäischen Union. Nur eine grundlegende Wende kann
der GAP ihre Glaubwürdigkeit zurückgeben. Dazu muss
die demnächst anstehende Überprüfung der EU-Agrarpolitik
genutzt werden. Wir treten dafür ein, dass das Zielsystem
der GAP neu definiert wird. Wir
brauchen einen umfassenden Verbraucherschutz mit hohen Standards
in der Produktion und Transparenz von der Lebensmittelproduktion
über die Vermarktung bis hin zum Verbraucher. Im Lebensmittelrecht
müssen künftig klarere Kennzeichnungsregelungen für
Qualität und Herkunft verankert werden. Nur durch eine lückenlose
Etikettierung und Kontrolle kann der Verbraucher geschützt,
sein Vertrauen zurückgewonnen und schließlich ein bewusster
Einkauf ermöglicht werden. Wir
wollen, dass Tiere artgerecht gehalten werden und auch in der
konventionellen Landwirtschaft die Produktion umwelt- und naturgerecht
erfolgt. Der ökologische Landbau muss gestärkt und sein
Marktpotential verbreitert werden. Die Erzeugung gesunder Lebensmittel
muss sich wirtschaftlich lohnen und den Landwirten Perspektiven
mit fairen Bedingungen im Wettbewerb bieten. Der ländliche
Raum ist als Arbeits-, Lebens-, Freizeit- und Erholungsstandort
zu erhalten und auszubauen. Der
Einsatz von Steuermitteln für eine fehlgeleitete
Agrarpolitik in der EU Lebensmittelproduktion ist zu beenden.
Finanzielle Unterstützung für die Landwirtschaft muss
vielmehr an die Einhaltung von Kriterien des Verbraucher-, Umwelt-
und Tierschutzes gebunden werden. Insgesamt müssen die Hilfen
für die Landwirtschaft stärker zugunsten der nachhaltigen
Entwicklung ländlicher Räume umgeschichtet werden. Die
Kofinanzierung sollte künftig Grundsatz der GAP sein. Die
Honorierung von ökologischen Dienstleistungen und Schaffung
alternativer Einkommensquellen, z.B. in der Produktion nachwachsender
Rohstoffe und Energiepflanzen, in der Nutzung regenerativer Energien
und im naturnahen Tourismus muss ausgebaut werden. Umwelt-
und Klimaschutz stärken Umwelt-
und Klimaschutz sind zentrale Zukunftsaufgaben, die wir nur noch
in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern in der Europäischen
Union und der Welt bewältigen können. Bei
Umwelttechnologien, Umweltstandards und umweltfreundlichen Produkten
und Produktionsverfahren muss die Europäische Union weltweit
führend werden. Eine konsequente europäische Umweltpolitik
stärkt die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Unternehmen und wird so zu einem noch wichtigeren Beschäftigungsfaktor.
Die ökologische Komponente in der Steuerpolitik muss in der
Europäischen Union substantiell ausgebaut werden. Dazu gehört
insbesondere auch eine Harmonisierung der Energiebesteuerung.
Die
SPD steht für eine Wende in der Energiepolitik, bei der den
erneuerbaren Energien hohe Priorität zukommt. Sie ist unverzichtbar,
um eine Klimakatastrophe zu verhindern. Mit ihrem nationalen
Klimaschutzprogramm wird die Bundesregierung ihre Verpflichtungen
aus dem Kyoto-Protokoll in vollem Umfang erfüllen. Die SPD tritt dafür ein, dass
auch die USA ihre in Kyoto eingegangenen Verpflichtungen in vollem Umfang
erfüllen. Durch demonstrative Vorleistungen kann die Europäische
Union andere Länder zur Erfüllung deren Verpflichtungen
anregen und das Vertrauen in den Entwicklungsländern wecken,
damit sich auch diese aktiv mit eigenen Anstrengungen am Klimaschutz
beteiligen. Wir werden auch künftig mit aller Kraft dafür
eintreten, den Klimaschutz für alle Vertragsstaaten zu einer
verbindlichen Aufgabe zu machen, die zu echten und weitreichenden
Reduktionen der Treibhausgasemissionen führt.
4. Innere
Sicherheit garantieren
Eine
besondere Herausforderung des europäischen Einigungsprozesses
ist für die SPD die Gewährleistung der Inneren Sicherheit.
Für uns gilt, dass Sicherheit besser gemeinsam in der erweiterten
Union gewährleistet werden kann als im Alleingang. Ziel
sozialdemokratischer Europapolitik ist die Erhaltung und Weiterentwicklung
der Europäischen Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit
und des Rechts. Für
die SPD gilt: Die offenen Grenzen in der Europäischen Union
sollen den Bürgerinnen und Bürgern nutzen, nicht dem
organisierten Verbrechen. Die
polizeiliche Zusammenarbeit wird mehr Rechtssicherheit ermöglichen.
Durch die Einbeziehung der Beitrittsländer in die unionsweite
Bekämpfung der organisierten und grenzüberschreitenden
Kriminalität werden gerade für Deutschland die Möglichkeiten
der Kooperation im polizeilichen und justiziellen Bereich erheblich
verbessert. Die grenzüberschreitende Strafverfolgung kann
dann zügiger, effektiver und kostengünstiger durchgeführt
werden. Dazu
sind die vorhandenen Instrumente wie z.B. die Europäische
Polizeibehörde EUROPOL weiter auszubauen und neue Formen
der Zusammenarbeit zu schaffen. Die
SPD setzt sich daher dafür ein,
Europapolitik
muss eine Politik mit und für die Bürgerinnen und Bürger
der Europäischen Union sein. Sie und ihre Rechte müssen
im Mittelpunkt aller integrationspolitischen Anstrengungen stehen.
Deshalb begrüßt die SPD ausdrücklich, dass die
Bundesregierung der europäischen Grundrechtecharta zum Erfolg
verholfen hat. Die
Grundrechtecharta ist vor dem Hintergrund unterschiedlicher nationaler
Verfassungstraditionen und Grundrechtsvorstellungen ein wichtiger
Beitrag zur Identitätsstiftung der Bürgerinnen und Bürger
in der Europäischen Union. Die
europäische Sozialdemokratie hat durchgesetzt,
dass neben den Freiheits- und Bürgerrechten auch die wirtschaftlichen
und sozialen Grundrechte einen grundsätzlich gleichberechtigten
Eingang in die Charta gefunden haben. Für
die SPD kommt es darauf an,
6. Außen-
und Sicherheitspolitik ausbauen
Eine
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU fördert
die europäische Integration und stärkt die Handlungsfähigkeit
der Europäischen Union. Sie entspricht den Notwendigkeiten
im neuen Europa und den Bedingungen der Globalisierung, unter
denen sich Europa am wirksamsten als politisch vereinte
Kraft behaupten kann. Und sie ist Voraussetzung für eine
langfristig tragfähige und gleichberechtigte transatlantische
Partnerschaft, für
eine engere Zusammenarbeit Europas
mit Russland und für ein abgestimmteres Auftreten der EU in internationalen Organisationen wie der OSZE und den VN. Eine stärkere
Rolle der Europäer in der Allianz und eine stärkere
sicherheitspolitische Rolle der EU wird die NATO stärken.
Die transatlantische Partnerschaft bleibt
die Grundlage unserer Sicherheit in Europa. Die NATO bleibt
die entscheidende politische und institutionelle Klammer für
die euro-atlantische Gemeinschaft demokratischer Staaten.
Die
Einbindung Russlands in die europäischen Sicherheitsstrukturen
ist Voraussetzung für Stabilität und Sicherheit im euro-atlantischen
Raum. Die
EU hat, nicht zuletzt unter dem Eindruck ihrer Erfahrungen
auf dem Balkan, die notwendigen Entscheidungen getroffen, um Europa
zu einem außen- und sicherheitspolitischen Akteur von
Gewicht zu machen.
Die EU muss handlungsfähig sein, um Verantwortung für Stabilität und Sicherheit
im euro-atlantischen Raum und darüber hinaus zu übernehmen.
Die Fortentwicklung der GASP muss Thema der nächsten Regierungskonferenz
sein. Dabei muss mittelfristig eine Vergemeinschaftung dieses
Politikbereiches angestrebt werden.
7. Europas
globaler Verantwortung gerecht werden
Gestaltung
der Globalisierung Durch
die beschleunigte Globalisierung der Weltwirtschaft können
viele Probleme nur noch gemeinsam und international gelöst
werden. Die SPD-geführte Bundesregierung betreibt deshalb
eine globale Ordnungspolitik, die dem Welthandel, dem internationalen
Wettbewerb, dem internationalen Finanzsystem und dem globalen
Schutz von Umwelt und natürlichen Ressourcen einen international
verbindlichen Rahmen setzt. Unser
Ziel, den Menschen weltweit ein menschenwürdiges Leben und
eine Teilhabe an den Chancen der Globalisierung zu ermöglichen,
ist nicht nur ein Gebot der Solidarität, sondern unserer
ureigenen Interessen als Teil der Weltgesellschaft. Kampf
gegen Armut Mit
der Kölner Entschuldungsinitiative im Sommer 1999 hat die
SPD-geführte Bundesregierung den Grundstein für bessere
Lebenschancen in den Entwicklungsländern gelegt. Entschuldung
wird durchgeführt, wenn nationale Strategien der Armutsbekämpfung
unter Einbeziehung der Bevölkerung erarbeitet werden. So
soll sicher gestellt werden, dass die Entlastungen vor allem den
armen Bevölkerungsschichten zu gute kommen. Die
Staats- und Regierungschefs haben sich auf dem Millenniumsgipfel
der Vereinten Nationen zum Ziel gesetzt, den Anteil der Menschen,
die in absoluter Armut leben, bis zum Jahr 2015 zu halbieren.
Dieses ehrgeizige Ziel unterstützt die Bundesregierung durch
einen nationalen Aktionsplan. Auch
die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten werden große
Anstrengungen unternehmen müssen. Schon heute stammen über
55% der weltweit bereitgestellten Mittel für die öffentliche
Entwicklungszusammenarbeit aus der EU und ihren Mitgliedsstaaten.
Das ist eine große Leistung. Weitere Anstrengungen sind aber
notwendig. Verstärkte
Integration der Länder des Südens und Ostens Die
Länder des Südens und Ostens brauchen eine faire Integration
in den Welthandel. Durch eine bessere Beteiligung an den WTO-Strukturen
müssen ihre Interessen im Welthandelssystem stärker
berücksichtigt werden. Die Europäische Union ist für
viele dieser Länder der wichtigste Handelspartner. Die EU
muss für die ärmsten Entwicklungsländer einen freien
Zugang zu ihren Märkten sicherstellen. Die von der EU beschlossene
Marktöffnung für die 48 ärmsten Entwicklungsländer
ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, der aber noch
viel zu lange Übergangsfristen bis zur vollständigen
Marktöffnung für bestimmte Produkte wie Zucker, Reis
und Bananen vorsieht. Im Rahmen der WTO müssen Zölle
und Handelsbarrieren für weiterverarbeitete Produkte zurückgeführt
und gleichzeitig soziale und ökologische Mindeststandards
im Welthandel stärker verankert werden. Die
gleichberechtigte Integration der Staaten des Südens und
des Ostens in die globalen Strukturen politischer Entscheidungsfindung
ist von großer Bedeutung. Die Stärkung der Handlungsfähigkeit
der Entwicklungsländer und der Transformationsländer
bei der Wahrnehmung ihrer legitimen Interessen auf weltweiter
Ebene ist zudem ein wesentlicher Beitrag zum Frieden. Vorsorgende
Friedenspolitik und Krisenprävention Entwicklungspolitik
ist vorsorgende Friedenspolitik. Die Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit
haben gezeigt, dass es darauf ankommt, die Menschen in ihrem Bemühen
zu unterstützen, eigenständig und gewaltfrei Konfliktlösungen
zu finden und Krisenpotentiale frühzeitig zu identifizieren.
Die
technische, finanzielle und personelle Entwicklungszusammenarbeit
soll dazu beitragen, konfliktfördernde und konfliktverschärfende
Strukturen und Bedingungen abzubauen. Die SPD begrüßt,
dass in allen Programmen der Entwicklungszusammenarbeit Krisenprävention
ein integraler Bestandteil geworden ist. Das
neue Instrument des Zivilen Friedensdienstes muss weiter gestärkt
werden. Die Friedensfachkräfte leisten vor Ort bei Vertrauensbildung,
Konfliktschlichtung, Versöhnungsarbeit und Wiederaufbau einen
wichtigen Beitrag für den Frieden. Mit dem Beschluss zum
Aufbau von zivilen Kapazitäten zur zivilen Krisenprävention
hat die EU einen wichtigen Schritt zur Weiterentwicklung der europäischen
Entwicklungszusammenarbeit geleistet. Nachhaltigkeit
als globale Verantwortung Europas Die
globale Verantwortung Europas muss dazu beitragen, die Lebensgrundlagen
kommender Generationen nachhaltig zu sichern. Die katastrophalen
Auswirkungen des weltweiten Klimawandels treffen heute insbesondere
die Länder des Südens. In Zukunft werden aber auch die
Industrieländer immer stärker betroffen sein. Europa
muss seiner globalen umweltpolitischen Verantwortung gerecht werden
und eine führende Rolle einnehmen - u.a. bei der Reduktion
des CO2-Ausstosses und bei der Förderung erneuerbarer Energien
im Norden und Süden. Die
EU-Entwicklungszusammenarbeit muss effizienter und wirksamer werden.
Hierzu wurden während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
wichtige Beschlüsse gefasst. Die Bundesregierung hat die
Entwicklung einer Gesamtkonzeption der EU-Entwicklungspolitik
angestoßen und an der Ausarbeitung maßgeblich mitgewirkt.
Dennoch bleiben wichtige Aufgaben: Die Kommission muss sicherstellen,
dass die bereitgestellten Mittel zügig abfließen und
dabei eine hohe Qualität gewährleistet ist. Kohärenz,
Vereinfachung der Verfahren und Qualitätssicherung müssen
wesentliche Kriterien sein. Bei
der Gestaltung der Globalisierung braucht Europa viele Partner
- Regierungen wie zivilgesellschaftliche Akteure -, denn die internationalen
Herausforderungen können nur gemeinsam gelöst werden.
Die Nichtregierungsorganisationen leisten eine wichtige Arbeit.
Ihre Fähigkeiten und Kenntnisse müssen genauso intensiv
einbezogen werden, wie das wirtschaftliche und technisch-organisatorische
Potential der Unternehmen. Nachhaltigkeit
ist nicht nur eine Forderung an die Umwelt- und Entwicklungspolitik.
Um das menschenwürdige Überleben zukünftiger Generationen
zu sichern, müssen wir bereits heute die gesamte nationale
und internationale Politik an dem Ziel der Armutsbekämpfung
und Nachhaltigkeit orientieren. Vor
über dreißig Jahren hat Willy Brandt mit seiner Ostpolitik
die Grundlagen für die Überwindung der Spaltung unseres
Kontinents gelegt. Heute sieht sich die SPD vor die Aufgabe gestellt,
durch die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten
in die Europäische Union sein historisches Werk zu vollenden. Politisch
und wirtschaftlich wird die Osterweiterung der EU sowohl für
die Beitrittskandidaten als auch für die jetzigen Mitgliedsstaaten
der Europäischen Union ein Gewinn. Die Europäische Union
und die Beitrittskandidaten verbindet das gemeinsame Bekenntnis
zu den Werten und Zielen von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und
dem Schutz der Menschenrechte. Die Konflikte und Kriege auf dem
Balkan beweisen die fundamentale Bedeutung des europäischen
Integrationsprozesses für Frieden, Sicherheit und Stabilität
in ganz Europa. Auch für den Kampf gegen die international
organisierte Kriminalität und den Schutz vor illegaler Zuwanderung
wird die EU-Erweiterung deutliche Vorteile bringen. Mit
der Erweiterung wird die Europäische Union zum weltweit
größten Binnenmarkt. Ihre globale
Wettbewerbsfähigkeit wird weiter gestärkt, denn die
hinzukommenden Länder sind Wachstumsmärkte. In Deutschland
als einem der wichtigsten Wirtschaftspartner der mittel- und osteuropäischen
Beitrittsländer sichert der Handel mit Mittel- und Osteuropa
schon jetzt viele Arbeitsplätze. Die
EU ist auf den Beitritt vorbereitet: Unter deutscher Präsidentschaft
hat der Europäische Rat bei seiner Tagung in Berlin im März
1999 den finanziellen Rahmen für die Osterweiterung der EU
abgesteckt. Der Vertrag von Nizza vom Dezember 2000 stellt sicher,
dass die EU nach ihrer Erweiterung handlungs- und beschlussfähig
bleibt. Weitere Reformen müssen folgen. Nunmehr
liegt es an den Kandidatenländern ihre Beitrittsvorbereitungen
so weiterzuführen, damit die angebotene Chance genutzt wird.
Bisher haben diese Länder Beachtliches zur Erreichung der strengen
Beitrittsvoraussetzungen geleistet und sind insgesamt auf gutem
Weg. Sie halten entschieden Kurs und tragen hohe Anpassungslasten. In
schwierigen Bereichen wie z.B. Landwirtschaft, Verkehr und Umweltschutz
werden Übergangsfristen bis zur vollständigen Anwendung
des Gemeinschaftsrechts unabweislich sein. Besondere Risiken können
auch durch das große Wohlstands- und Lohngefälle zwischen
Alt- und Neumitgliedern entstehen. Deshalb wird es wie bei den
früheren EU-Erweiterungen im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit
und in besonders sensiblen Bereichen der Dienstleistungsfreiheit
Übergangsfristen geben müssen. Gerade in den Grenzregionen
stellen sich mit dem erforderlichen Strukturwandel besondere Herausforderungen. Die
Erweiterung der Europäischen Union darf nicht zu neuen Gräben
in Europa führen. Ein enges partnerschaftliches Verhältnis
zu angrenzenden Staaten und Regionen wie Russland, der Ukraine
und dem Balkan sind entscheidende Voraussetzungen für politische
Stabilität auf unserem Kontinent. Die Erweiterung der Union
muss deshalb auch zum Gewinn für die neuen Nachbarn der EU
werden. Die
SPD tritt daher insbesondere dafür ein,
Die
historisch gewachsene Aufgabenverteilung zwischen der Europäischen
Union und ihren Mitgliedsstaaten entspricht nicht mehr den Anforderungen
des 21. Jahrhunderts. Die Mitgliedsstaaten - und in Deutschland
auch die Länder und Kommunen - haben im Verlauf dieses Prozesses
an politischem Gestaltungsspielraum verloren, obwohl in vielen
Bereichen sachgerechte Entscheidungen besser auf ihrer Ebene getroffen
werden. Andererseits verfügt die Europäische Union auch
heute noch nicht über die Kompetenzen, die zur Wahrung ihrer
Interessen auf internationaler Ebene oder zur Wahrung der inneren
Sicherheit erforderlich sind. Dem
gegenwärtigen System der Aufgabenverteilung mangelt es an
Transparenz und Klarheit. Deshalb ist häufig
nicht erkennbar, welche politische Ebene für Entscheidungen
verantwortlich ist, die direkt in die Lebenswirklichkeit der Bürger
eingreifen. Die Legitimität politischen Handelns auf europäischer
Ebene wird damit in Frage gestellt. Die
SPD begrüßt daher, dass es der Bundesregierung gelungen
ist, in Nizza die Partner von der Notwendigkeit zu überzeugen,
auf einer weiteren Reformkonferenz der EU im Jahre 2004 eine genauere,
dem Subsidiaritätsprinzip entsprechende Abgrenzung der Zuständigkeiten
zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten vorzunehmen. Für
den Bürger muss klar erkennbar werden, wer welche Politik
zu verantworten hat. Darüber hinaus bedarf es klarer und
transparenter Entscheidungswege zwischen der Europäischen
Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament, die für
den Bürger nachvollziehbar sind. Die
SPD fordert daher bei Wahrung des Grundsatzes von Bürgernähe
und Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten
der EU,
10. Die
Zukunft Europas demokratisch gestalten
Niemand
wusste vor zehn Jahren, wie Europa heute aussieht. Niemand weiß
heute, wie Europa in zehn Jahren aussehen wird. Aber damals wie
heute gilt: Die Zukunft Europas liegt in den Händen seiner
Bürgerinnen und Bürger. Deshalb wollen wir engagiert
für eine gute Zukunft Europas streiten.
Besser als jeder Staat für sich allein können wir in
Europa gemeinsam unsere politischen Ziele erreichen,
oftmals bereits durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit
und durch nachbarschaftliche Kooperation. Wir müssen aber
verstärkt darüber nachdenken, in welchen Strukturen
und in welcher Verfasstheit die Zukunftsaufgaben am besten bewältigt
werden können. Dabei
geht es nicht um technische Fragen, sondern um Demokratie und
Beteiligung. Gerade
Europa ist auf Beteiligung, auf Kritik, auf Zustimmung, auf Diskussion
seiner Bürgerinnen und Bürger dringend angewiesen. Die
Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird dafür eintreten,
dass es in Deutschland und in Europa eine öffentliche Debatte
über die politischen Ziele der Europäischen Union geben
wird. Die
Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird dafür eintreten,
dass es in Deutschland und in Europa eine öffentliche Debatten
über die Struktur- und Entscheidungsmechanismen der Europäischen
Union geben wird. Bei
dieser öffentlichen Debatte sind alle gefordert: Bürger
und Regierungen, Staat und Gesellschaft, Europäisches Parlament
und nationale Parlamente, EU-Kommission und Europäischer
Rat, Parteien und Verbände, Städte und Gemeinden. Wir
wollen bei der Stärkung und der Diskussion über die
Verfassungsgrundlagen, in die nationalen Parlamente und das Europäische
Parlament im Sinne einer echten Parlamentarisierung umfassend
einbezogen werden, mit dieser Debatte über Verfassungsgrundlagen
Diese
Debatte, die in eine Regierungskonferenz 2004 münden wird,
ist keine weitere Vorbedingung für die Erweiterung der EU.
Die Staaten und Gesellschaften der Beitrittsländer sind in
diesen auf Nizza folgenden Prozess ausdrücklich einbezogen.
Wir
sind und bleiben zuversichtlich, wenn es um die Zukunft Europas
geht:
Dafür
werden wir zusammen mit unseren europäischen Schwesterparteien
eintreten. Die
SPD wird auch in Zukunft ihren Beitrag für eine starke und effiziente
Sozialdemokratische Partei Europas leisten. Je wichtiger die Europäische
Union wird, desto bedeutsamer wird die Weiterentwicklung der SPE. Das
Prinzip "Demokratie braucht Partei" gilt nicht nur für jedes einzelne
Mitgliedsland. Es gilt auch bei der Vertiefung der europäischen Integration.
Deshalb wird die SPD ihre Anstrengungen verstärken, um die Verständigungsprozesse
in der europäischen Sozialdemokratie über Grundwerte, Ziele,
strategische Schlüsselprojekte und aktuelle Politikfelder voranzubringen.
Nur eine starke europäische Sozialdemokratie hat wirklich die Kraft,
ein Europa des Friedens, der Freiheit, des Wohlstands und der sozialen
Gerechtigkeit zu schaffen und zu erhalten. |